Kein Grund zur Freude
Miese Stimmung im Hause BMW

Jahr für Jahr fährt BMW neue Umsatz- und Gewinnrekorde ein. Das freut die Anteilseigner. Doch die Belegschaft hat keinen Grund zur Freude. Sechs Milliarden Euro müssten in den nächsten Jahren eingespart werden, meint BMW-Chef Norbert Reithofer. Und hat schon eine Idee: Sparen kann man bei den Person


8.100 Arbeitsplätze will BMW abbauen, davon 7 500 in Deutschland – das soll die Kosten deutlich senken. Dazu kommt: Bei der Eingruppierung von Beschäftigten, die neu eingestellt werden, versucht die Personalabteilung, erhebliche Abgruppierungen durchzusetzen.

Stellenabbau und falsche Eingruppierungen sorgen für miese Stimmung an allen bayerischen BMW-Standorten, wie die Metallnachrichten für die BMW-Beschäftigten (siehe pdf-Datei im Anhang) berichten, die seit heute an den Standorten verteilt werden.

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Die BMW-Bilanz soll aufpoliert werden

Probleme an allen Standorten bei der ERA-Umsetzung

Mit dem Tarifvertrag über gemeinsame Entgeltstrukturen für Arbeiter und Angestellte (ERA) hat die IG Metall erreicht, dass nun endlich für gleiche Qualifikation auch gleiches Entgelt gezahlt wird. Nach mehr als hundert Jahren künstlicher Trennung zwischen den beiden Bereichen.

Für die derzeitig Beschäftigten bei BMW hat die IG Metall, Dank ihrer gewerkschaftlichen Stärke und im Verbund mit dem Betriebsrat, ein Regularium gefunden, mit dessen Hilfe dieser Tarifvertrag umgesetzt wurde, und zwar für viele zigtausende BMW-Beschäftigte zum Positiven.

Was jetzt ansteht, ist die Bewertung der Arbeitsplätze für jene, die neu eingestellt werden. Die Personalabteilung bei BMW will offenbar diese Neueingruppierungen zur massiven Absenkung der Lohnkosten nutzen. Betriebsräte aller bayerischen Standorte berichten von teils erheblichen Problemen im Zusammenhang Eingruppierungsverfahren bei Neueinstellungen.

Dem Betriebsrat der Werke Regensburg und Wackersdorf liegen derzeit ca. 8.000 Ersteingruppierungen von Mitarbeiter/innen aus allen Bereichen vor. Herbert Deinzer ist im BMW-Betriebsrat Regensburg zuständig für die ERA-Umsetzung, er zieht ein ernüchterndes Fazit: „Festzustellen ist, dass die Beschreibungen der Arbeitsaufgaben in vielen Fällen nicht den tatsächlichen Tätigkeiten entsprechen. Zudem sind die vom Unternehmen vorgesehenen Eingruppierungen nahezu flächendeckend um ein bis drei Gruppen unter dem Tarifniveau.“

„Hier soll qualifizierten Mitarbeitern die ihnen zustehende Eingruppierung vorenthalten werden“, sagt auch Günther Stamm vom BMW-Betriebsrat in Landshut. Auch der Betriebsrat in Dingolfing hat den geplanten Eingruppierungen und den Funktionsmatrizen zu einem großen Teil widersprochen. Zur Zeit laufen die Vorbereitungen zur dezentralen paritätischen Kommission. „Der Bewertungsprozess am Standort gestaltet sich sehr schwierig, wäre aber lösbar, wenn die Unternehmens-Verhandlungsgruppe in Dingolfing ein Verhandlungsmandat hätte und die Personalzentrale die Abläufe nicht wieder zentral steuern möchte“ berichtet der örtliche IG-Metall-VK-Leiter Thomas Zitzelsberger.

Auch der VK-Leiter und stellvertretende BR-Vorsitzende im Werk München, Hans Haumer spricht davon, dass das Unternehmen bei der Bewertung und Neueingruppierung der Stellen durchschnittlich bis zu drei Entgeltgruppen und sogar im Einzelfall bis zu fünf Entgeltgruppen unter der bisherigen Einstufung liegt.

Werner Neugebauer, Bezirksleiter der IG Metall Bayern: „Wer, wie die Personalabteilung bei BMW, glaubt, den Wert von Arbeit bei BMW so definieren zu können, dass für die Beschäftigten zwei bis drei Entgeltgruppen (und damit viel Grundentgelt) verloren gehen, hat ein Problem. Denn wir werden das nicht zulassen. Die Menschen bei BMW machen hochqualifizierte Arbeit, sind motiviert und bringen ausgezeichnete Ergebnisse. Wer will, dass dies auch in Zukunft so bleibt, sollte als Personalverantwortlicher aufhören, mit dem Feuer zu spielen.“

 

Personaler bitten zum Gespräch

Mehr als 7 500 Arbeitsplätze will die Geschäftsleitung in Deutschland streichen. Dass davon ca. 5 000 Leiharbeitskräfte betroffen sind, ist alles andere als ein Trost. Denn es sind 5 000 Arbeitsplätze, die wegrationalisiert werden – ob sie nun von Zeitarbeiter/ innen oder von Festangestellten besetzt sind.

Die 2 500 festangestellten Kolleginnen und Kollegen, die nach den Vorstellungen der Geschäftsleitung gehen müssen, haben gute Karten. Die Beschäftigten bei BMW wissen: Betriebsbedingte Kündigungen sind Dank der Vereinbarungen mit dem Betriebsrat und der IG Metall ausgeschlossen. Aber die Beschäftigten wissen auch: Personaler bitten zum Gespräch über Vertragsauflösung und Abfindung und, und, und ...

Niemand kann zu einer Auflösung des Arbeitsverhältnisses gezwungen werden. Und: Der starke BMW-Betriebsrat unterstützt alle, denen es nicht leicht fällt, sich gegen die redegewandten Abgesandten der Geschäftsleitung durchzusetzen. Das ist die selbstverständliche Aufgabe eines Betriebsrats

Metallnachrichten Mai 2008